Digitales Diabetesmanagement
Zur Optimierung der Versorgungsstrukturen von Patienten:innen mit Diabetes im Krankenhaus erforschen wir die Einführung eines digitalen Diabetesmanagement in die Routineversorgung. Ziel ist es mittels der Digitalisierung Blutzuckerdaten schneller und lückenloser zu erfassen, um so den Blutzucker präziser einzustellen. Hierdurch sollen Komplikationen und Krankenhausverweildauer reduziert, sowie die akut und langfristige Blutzuckereinstellung und Behandlungszufriedenheit verbessert werden.
Unser digitales Diabetesmanagement umfasst eine automatische Bestimmung des Langzeitblutzuckerwerts (=HbA1c), sowie der spontanen Blutglukose im Rahmen der Aufnahmeuntersuchung. Zudem erfolgt eine Datenbankabfrage hinsichtlich eines in einem früheren Aufenthalt codierten Diabetes/Prädiabetes, sowie die anamnestische Erhebung hinsichtlich eines vorbekannten Diabetes/Prädiabetes inklusive Sichtung der zur Verfügung gestellten Vorbefunde. Alle Patienten:innen, die hierbei mit einem Diabetes/Prädiabetes identifiziert werden, erhalten dann am Aufnahmetag einen Sensor zur kontinuierlichen Glukosemessung im Unterhautfettgewebe (=CGM) und ein dazugehöriges Smartphone, welches mit dem Sensor über eine App gekoppelt ist und die digitale Blutzuckermessung ermöglicht. Die Messung erfolgt hierbei in Echtzeit (= 1440 Werte/d) und wird automatisch in eine gesicherte Cloud übertragen. Hier können die Werte dann vom Diabetesteam eingesehen werden und entsprechende Therapieanpassung vorgenommen werden.
Basierend auf den erhobenen Daten untersuchen wir die Sicherheit und Genauigkeit der CGM-Sensoren im stationären Alltag im Vergleich zum Goldstandard der kapillären Blutzuckermessung im Allgemeinen, aber auch explizit in besonderen Situationen wie im Rahmen einer Chemotherapie oder eine Sepsis. Des weiteren untersuchen wir klinische Endpunkte, wie u.a. eine Verbesserung der Blutzuckereinstellung während des stationären Aufenthaltes, eine Reduktion der Krankenhausverweildauer oder eine Reduktion intrahospitaler Komplikationen. Diese klinischen Endpunkte untersuchen wir im Allgemeinen bei unseren Patienten:innen mit Diabetes/Prädiabetes, untersuchen aber auch hier explizit weitergehenden Szenarien wie Patienten:innen unter Chemotherapie, mit isolationspflichtigen Infektionen oder mit erhöhtem Risiko für Unterzuckerungen.
Erste Daten unserer Arbeitsgruppe konnten bereits nachweisen, dass mittels der automatisierten Untersuchung der Blutzuckerparameter bei Aufnahme ein Viertel mehr Patienten:innen mit Diabetes und 95% mehr Patienten:innen mit Prädiabetes erkannt werden. Desweiten konnten wir nachweisen, dass der Einsatz von CGM-Sensoren in Patienten:innen mit akuten diabetologischen Notfällen eine ausreichende Sicherheit und Genauigkeit gewährleistet. Zudem verbessert der Einsatz eines digitalen Diabetesmanagement die Informationsweitergabe Diabetes-relevanter Informationen von der stationären in die ambulante Versorgung.
Digitale Umsetzung
In einer sich wandelnden Gesellschaft, wo digitale und automatisierte Prozesse auf dem Vormasch sind, wird es es auch keine Ausnahme im Gesundheitswesen geben. Das CEM stellt sich in Kooperation mit der Zentralen-IT dieser Herausforderung. Wie können neue Therapien im Krankenhaus- bzw. Klinikumfeld getestet, verfiziert und angewendet werden? Hier sind drei Säulen essentiell, welche in einer unmittelbaren Abhängigkeit zueinander stehen, nämlich KRITIS (Sicherheit) , Patientennutzung & Entlastung.
Das CEM wird primär an dem Standort Universitätsklinikum Essen AöR praktiziert, welches als KRITIS-Unternehmen (Kritische Infrastruktur im Gesundheitswesen) die Regularien des B3S (Branchenspezifischen Sicherheitsstandard) zu beachten hat. Hier gibt es strenge Sicherheitsregularien, welche eingehalten und nachgewiesen werden müssen. Wo Sicherheit herrscht, wird häufig der Bedienkomfort bedingt eingeschränkt. Diese Einschränkung darf nicht zu lasten der Patienten gehen, was zu Säule Nummer Zwei führt.
Ein Therapie am Patienten ist nur so gut, wie die Akzeptanz und Vertrauen gewährleistet sind. Um Ängste und Sorgen zu nehmen, wird der Dialog zwischen medizinischem Fachpersonal und Patienten hergestellt. Dabei wird auch die Nutzung eines smarten Blutzuckersensor erklärt und die Vorteile dargestellt, z. B. werden die Fingerkuppeln nicht mehr so stark belastet, was potenziellem Narbengewebe vorbeugt. Während des Aufenthalts werden Patienten separate Smartphones zur Verfügung gestellt, welche lediglich für die freigeschalteten Funktionen (Blutzuckermessung , Infomaterialien einsehen & Feedback) nutzbar sind. Jegliche erhobenen Daten werden nicht personalisiert (anonymisiert) verarbeitet und können nur von klinischem Fachpersonal während des Aufenthalts eingesehen werden. Nach dem Aufenthalt steht es den Patienten frei, diese Therapie Smart Diabetes Care im Diabeteszentrum weiterzuführen.
Die letzte / dritte Säule ist die Entlastung des medizinischen Fachpersonals. Neue Projekte oder Herausforderungen sorgen bei vielen Menschen im ersten Moment für Mehrarbeit oder Belastungen. Um dieser Stimmung entgegen zu treten und Möglichkeiten darzustellen, werden Schulungskonzepte, Ansprechpartner und Begleitungen während der Umsetzung angeboten. Durch automatisierte Prozesse soll mehr Zeit für die Patientenversorgung und weniger für bürokratische Hürden oder doppelte Dokumentation verwendet werden.
Dr. med.
Annie Mathew
Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel
Dr. med.
Lukas van Baal
Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel
B.Sc.
Jenson Jose
Zentrale IT